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Drückt sich das Amtsgericht Berlin Mitte um ein inhaltliches Urteil zur Friedensbildung?

Die Klage gegen die Ablehnung von Plakaten für Friedensbildung durch die Deutsche Bahn AG wurde aus formalen Gründen abgewiesen.

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   Im Januar 2021 versuchte das Bündnis „Schulfrei für die Bundeswehr – Lernen für den Frieden“ vergeblich bei der Bahn Plakatwerbung für Friedensbildung unterzubringen.
In der Antwort auf unsere Beschwerde begründete die Bahnführung die Ablehnung mit der politischen Neutralität der Werbung im Bereich der Bahn.

   Das Bündnis argumentierte dagegen, politische Werbung der Bundeswehr werde von der Bahn zugelassen. Als dies erfolglos blieb klagte das Bündnis beim Berliner Amtsgericht Mitte auf Gleichbehandlung nach Art. 3 GG gegenüber der Bundeswehr.

   Der Bahnanwalt bestritt in der Klageerwiderung die Klagefähigkeit des Bündnisses sowie den politischen Gehalt der Bundeswehrrekrutenwerbung. Dies begründete er mit dem Hinweis, die Bundeswehr erfülle einen Verfassungsauftrag nach Art. 87 a des Grundgesetzes.
   Darauf argumentierten wir mit unserer Erfüllung eines Verfassungsauftrags zur Stärkung der Friedensbildung an baden-württembergischen Schulen nach Art 12 der Landeverfassung. Wir belegten dies mit der Erklärung des Kultusministeriums vom 30.10.2014.
   Dieser Verfassungsauftrag müsse uns der Bundeswehr gleichstellen.
   Außerdem wiesen wir darauf hin, dass die Bundeswehr seit 1999 im Rahmen der Nato nicht mehr entsprechend Art. 87 a wirkt, da sie am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg im Kosovo teilnahm, und die Nato sich 1999 vom Verteidigungsbündnis zu einem Interessenbündnis gewandelt hat. Dies geht aus der Natoverlautbarung vom 24.4.1999 hervor.
   So konnte es zur Mitwirkung am Afghanistankrieg kommen, der mit Art. 87 a GG nichts mehr zu tun hatte und unter anderem am 4.9.2009 zum deutschen Bombardierungsbefehl in Kundus führte, dem über 100 Zivilisten zu Opfer fielen.
   Insofern ist die Nachwuchswerbung der Bundeswehr eher ein Verstoß gegen Art. 26 (1) GG (Vorbereitung der Führung eines Angriffskriegs) und deshalb strafbar. Wenn die Bahn aber diese verfassungswidrige Werbung zulässt, muss sie erst recht unsere verfassungsgemäße Werbung zulassen.

   Zur Frage der Klagefähigkeit verwies das Bündnis darauf, dass selbst Abiturjahrgänge vor Gericht als „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (GbR) anerkannt werden und damit klagefähig sind. Das bürgerliche Gesetzbuch setzt die Hürden dazu sehr niedrig an.

   Das Bündnis versuchte, alle Forderungen des Gerichts zur Anerkennung als Außen-GbR zu erfüllen. Obwohl wir das Konto als Treuhandkonto eingerichtet hatten, was in der Fachliteratur als eine Möglichkeit für eine GbR gilt, wies die Richterin die Klage ab mit der Begründung, das Konto erfülle nicht die Anforderungen an eine GbR.

   Das Bündnis will bei einem erneuten Plakatierversuch die formalen Fallstricke vermeiden, um notfalls vor Gericht eine inhaltliche Auseinandersetzung zu erreichen.

Backnang, 11.7.2023 Friedrich Gehring

Berlin, 15.3.2022. Im heute veröffentlichten Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Eva Högl, sind erneut Probleme mit minderjährigen Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten dokumentiert. Das Bündnis „Unter 18 Nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ fordert eine schnelle Anhebung des Rekrutierungsalters auf 18 Jahre.

„Wie in den Vorjahren zeigt der Jahresbericht der Wehrbeauftragten auch diesmal Probleme mit minderjährigen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr und fehlende Schutzmaßnahmen“, sagt Ralf Willinger von der Kinderrechtsorganisation terre des hommes, Sprecher des Bündnisses „Unter 18 Nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“. „Dazu drei Beispiele: So wurden nur für Volljährige zugelassene Covid-Impfstoffe an Minderjährige verimpft, weil in den Impfablauf keine Altersprüfung integriert war. Die Zahl an Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in der Bundeswehr ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen um 35% auf 303 Fälle, darunter vermutlich viele Minderjährige. Denn 1.239, rund 8 Prozent, aller neueingestellten Soldatinnen und Soldaten 2021 waren minderjährig – die genaue Zahl der betroffenen Minderjährigen wird leider weiter nicht veröffentlicht. Dazu kommen hohe Abbrecherquoten: Mehr als ein Fünftel (21%) der im Jahr 2020 neu eingestellten Minderjährigen brachen den Dienst schon in den ersten 6 Monaten wieder ab, deutlich mehr als Volljährige (15%)“, zählt Willinger auf. „Das ist eine Lose-Lose-Situation, unter der Minderjährige leiden und von der auch die Bundeswehr nichts hat.“

Das Bündnis verweist auf die in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieften Kinderrechte sowie auf den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und die Kinderkommission des Bundestags, die Deutschland wiederholt aufgefordert haben, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben.

„Es darf jetzt keine Ausreden mehr geben“, sagt Stephan Fegers von der Ärzteorganisation IPPNW, Mitglied des Bündnisses „Unter 18 Nie!“. „Die Antwort des Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2021 auf eine Anfrage des Abgeordneten Frank Heinrich belegte, dass minderjährige Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr zahlreichen Risiken ausgesetzt sind: Sie werden Opfer von sexuellen Vergehen, knapp ein Drittel der Tatverdächtigen sind Vorgesetzte! Sie nehmen körperlichen und seelischen Schaden, es kommt zu Unfällen, Depressionen, schweren psychischen Problemen und Selbstmorden. Das ist skandalös und muss dringend gestoppt werden. Es wird deshalb höchste Zeit, dass die Parteien der Regierungskoalition ihre Wahlversprechen und die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, künftig auf die Rekrutierung Minderjähriger als Soldatinnen und Soldaten verzichten und den sogenannten „Straight 18-Standard“ einhalten – so wie es schon über 150 Staaten weltweit tun, darunter 23 NATO-Staaten und 21 EU-Länder.“

Das Bündnis „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen bei der Bundeswehr“ wird getragen von verschiedenen Organisationen und Zusammenschlüsse aus den Bereichen Frieden, Menschenrechte, Kirche und Gewerkschaften. Es fordert die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie ein Verbot jeglicher Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen.

„Im Zuge des Ukraine-Kriegs wünschen sich Bundesbildungsministerin und Lehrerverband den verstärkten Einsatz von Jugendoffizieren – um Schüler über die Arbeit der Bundeswehr zu informieren. Gegner des Vorstoßes fürchten aber indirekte Werbung für den Soldatenberuf…“

Der ganze Bericht aus „Die Welt“ vom 9. März ist hier nachlesbar.

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