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Berlin, 15.3.2022. Im heute veröffentlichten Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Eva Högl, sind erneut Probleme mit minderjährigen Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten dokumentiert. Das Bündnis „Unter 18 Nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ fordert eine schnelle Anhebung des Rekrutierungsalters auf 18 Jahre.

„Wie in den Vorjahren zeigt der Jahresbericht der Wehrbeauftragten auch diesmal Probleme mit minderjährigen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr und fehlende Schutzmaßnahmen“, sagt Ralf Willinger von der Kinderrechtsorganisation terre des hommes, Sprecher des Bündnisses „Unter 18 Nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“. „Dazu drei Beispiele: So wurden nur für Volljährige zugelassene Covid-Impfstoffe an Minderjährige verimpft, weil in den Impfablauf keine Altersprüfung integriert war. Die Zahl an Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in der Bundeswehr ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen um 35% auf 303 Fälle, darunter vermutlich viele Minderjährige. Denn 1.239, rund 8 Prozent, aller neueingestellten Soldatinnen und Soldaten 2021 waren minderjährig – die genaue Zahl der betroffenen Minderjährigen wird leider weiter nicht veröffentlicht. Dazu kommen hohe Abbrecherquoten: Mehr als ein Fünftel (21%) der im Jahr 2020 neu eingestellten Minderjährigen brachen den Dienst schon in den ersten 6 Monaten wieder ab, deutlich mehr als Volljährige (15%)“, zählt Willinger auf. „Das ist eine Lose-Lose-Situation, unter der Minderjährige leiden und von der auch die Bundeswehr nichts hat.“

Das Bündnis verweist auf die in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieften Kinderrechte sowie auf den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und die Kinderkommission des Bundestags, die Deutschland wiederholt aufgefordert haben, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben.

„Es darf jetzt keine Ausreden mehr geben“, sagt Stephan Fegers von der Ärzteorganisation IPPNW, Mitglied des Bündnisses „Unter 18 Nie!“. „Die Antwort des Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2021 auf eine Anfrage des Abgeordneten Frank Heinrich belegte, dass minderjährige Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr zahlreichen Risiken ausgesetzt sind: Sie werden Opfer von sexuellen Vergehen, knapp ein Drittel der Tatverdächtigen sind Vorgesetzte! Sie nehmen körperlichen und seelischen Schaden, es kommt zu Unfällen, Depressionen, schweren psychischen Problemen und Selbstmorden. Das ist skandalös und muss dringend gestoppt werden. Es wird deshalb höchste Zeit, dass die Parteien der Regierungskoalition ihre Wahlversprechen und die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, künftig auf die Rekrutierung Minderjähriger als Soldatinnen und Soldaten verzichten und den sogenannten „Straight 18-Standard“ einhalten – so wie es schon über 150 Staaten weltweit tun, darunter 23 NATO-Staaten und 21 EU-Länder.“

Das Bündnis „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen bei der Bundeswehr“ wird getragen von verschiedenen Organisationen und Zusammenschlüsse aus den Bereichen Frieden, Menschenrechte, Kirche und Gewerkschaften. Es fordert die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie ein Verbot jeglicher Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen.

„Im Zuge des Ukraine-Kriegs wünschen sich Bundesbildungsministerin und Lehrerverband den verstärkten Einsatz von Jugendoffizieren – um Schüler über die Arbeit der Bundeswehr zu informieren. Gegner des Vorstoßes fürchten aber indirekte Werbung für den Soldatenberuf…“

Der ganze Bericht aus „Die Welt“ vom 9. März ist hier nachlesbar.

1.239 Minderjährige haben im vergangenen Jahr ihren Dienst bei der Bundeswehr angetreten, was einem Anteil von 7,4 Prozent aller Rekrutierungen entspricht. Dies geht aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten Ali Al-Dailami von Die Linke hervor.

Das Bündnis „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ kritisiert diese hohe Zahl. „Nach wie vor bewegen wir uns auf einem skandalös hohen Niveau, und es ist sehr bedauerlich, dass 2021 sogar noch mehr unter 18-Jährige eingestellt wurden als im Vorjahr“, sagt Sarah Fontanarosa, Sprecherin des Bündnisses.

Das Bündnis verweist auf immer wieder vorkommende schwere Kinderrechtsverletzungen in der Bundeswehr, die UN-Kinderrechtskonvention sowie auf den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und die Kinderkommission des Bundestags, die Deutschland wiederholt empfohlen haben, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben.

„Wir fordern die neue Bundesregierung auf, die Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag schnell umzusetzen und das Mindestalter für die Rekrutierung als Soldat*in im Soldatengesetz und im Wehrpflichtgesetz auf 18 Jahre anzuheben“, sagt Ralf Willinger von der Kinderrechtsorganisation terre des hommes, Sprecher von „Unter 18 Nie“. „Anschließend sollte Deutschland eine schriftliche Erklärung an die Vereinten Nationen senden, in der es als Vertragsstaat des Zusatzprotokolls Kinder in bewaffneten Konflikten der UN-Kinderrechtskonvention erklärt, dass für die Rekrutierung als Soldat*in in Deutschland künftig die 18-Jahresgrenze gilt. Erst dann wird endlich auch Deutschland zu den weltweit über 150 Ländern gehören, die den internationalen Straight 18-Standard einhalten.“

Das Bündnis „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen bei der Bundeswehr“ wird getragen von verschiedenen Organisationen und Zusammenschlüsse aus den Bereichen Frieden, Menschenrechte, Kirche und der Gewerkschaften. Es fordert die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie ein Verbot jeglicher Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen.

Pressemitteilung Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr, 10. Februar 2022

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