Jugendoffiziere der Bundeswehr schreiben regelmäßig die Schulen an, und machen ihnen Angebote für Vorträge, Kasernenbesuche, Seminare oder politische Bildungsfahrten. Ihr Ziel ist es, in den Unterricht eingeladen zu werden, um mit den Schülerinnen und Schülern direkten Kontakt aufnehmen zu können.
In der Kooperationsvereinbarung zwischen Kultusministerium und Bundeswehr vom 14. August 2014 ist festgehalten, dass die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Anwärter bzw. Referendare selbst- und eigenverantwortlich über die Inanspruchnahme der Angebote der Jugendoffiziere zur politischen Bildung entscheiden. Es bleibt jedoch jeder Lehrerin und jedem Lehrer selbst überlassen, ob sie/er diese Einladung ausspricht.
Wichtig ist klarzustellen, dass die Schulleitung den Unterrichtsbesuch des Jugendoffiziers nicht verordnen darf.
Militärische sowie nicht-militärische Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten müssen im Unterricht so dargestellt/behandelt werden, dass sich jede Schülerin und jeder Schüler mit unterschiedlichen Strategien der Friedenserhaltung eigenständig auseinandersetzen und sich eine eigene Meinung bilden kann.
Wird ein Jugendoffizier von einer Kollegin/einem Kollegen trotzdem in den Unterricht eingeladen, kann man dagegen Protest erheben und in der Gesamtlehrerkonferenz das Thema diskutieren und eine Abstimmung herbeiführen.
Das Ergebnis kann sein, dass die Einladung an den Jugendoffizier bestehen bleibt oder abgelehnt wird.
Bleibt die Einladung bestehen, ist es dem Jugendoffizier untersagt, für Tätigkeiten in der Bundeswehr zu werben. Die verantwortliche Lehrerin bzw. der verantwortliche Lehrer muss durchgehend anwesend sein und hat darauf zu achten, dass das Werbeverbot eingehalten wird. Indirekt besteht bei jedem Besuch der Werbecharakter für die Bundeswehr, da der Jugendoffizier in Uniform auftritt.
Möchten Sie einen/e Vertreter*in der Friedensbewegung in den Unterricht als „Gegengewicht“ einladen, ist Folgendes zu beachten.
Es gibt einige Friedensorganisationen, die es ablehnen gemeinsam mit Jugendoffizieren im Unterricht aufzutreten, um nicht als „Feigenblattfunktion“ herzuhalten und den privilegierten Zugang der Jugendoffiziere in den Unterricht zu unterstützen.
Die Friedensorganisationen sind personell, finanziell und materiell nicht in der Lage, mit den hauptamtlichen Jugendoffizieren Schritt zu halten. Sie finanzieren sich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Staatliche Unterstützung erhalten die Organisationen keine. Es gibt nur vereinzelt hauptamtliche Mitarbeiter*innen, fast alle arbeiten ehrenamtlich. Es gilt also vorher zu klären, wer die Fahrtkosten übernimmt und ob ein Honorar gezahlt wird.
Einige Friedensorganisationen sind bereit, im Unterricht aufzutreten, meist in separaten Veranstaltungen ohne Jugendoffizier. Auch hier ist die Kostenfrage vorher zu klären.
Friedensorganisationen stellen Material für den Unterricht zur Verfügung und haben Unterrichtseinheiten ausgearbeitet. Diesbezüglich sollte bei den einzelnen Organisationen angefragt werden.
Karriereberater (m/w)
Der Karriereberater kommt zu Berufsinformationstagen in die Schule oder lädt die Schulen zu Berufsmessen ein.
Die Bundeswehr hat rund 400 Karriereberater, deren Ziel es ist, Jugendliche für die Bundeswehr anzuwerben. Sie bieten sich den Schulen als Experten für zivile und militärische Verwendungsmöglichkeiten in der Bundeswehr an.
Im Infodienst Schulleitung vom Juni 2015 heißt es dazu. „Die Bundeswehr darf deshalb nicht gegenüber anderen Arbeitgebern benachteiligt werden.“
Weiter ist festgehalten: „Die Bundeswehr kann durch ihre Karriereberater an Schulen über den Arbeitgeber Bundeswehr informieren. Dies geschieht auf Einladung der Schule. Die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an einer solchen Veranstaltung ist freiwillig, das heißt die Schule muss die Rahmenbedingungen so ausgestalten, dass die Schülerinnen und Schüler, die nicht teilnehmen wollen, auch tatsächlich fernbleiben können.“
Für uns ist die Bundeswehr kein Arbeitgeber wie jeder andere. Die Bundeswehr bildet zum Töten aus und blendet die Kriegsursachen und -folgen bei ihrer Werbung an Jugendliche aus.
Lehrerinnen und Lehrer haben die Aufgabe, Schülerinnen und Schüler vor solch manipulierbarer Werbung zu schützen und es sollte sich daher von selbst gebieten, keinen Karriereberater an die Schule einzuladen.
Das gilt auch für den Tag der Schulen, der jedes Jahr in der Kaserne in Bruchsal bzw. in Donaueschingen oder Müllheim angeboten wird. Am Tag der Schulen stellt sich die Bundeswehr in einer Kaserne mit einem in der Regel ganztätigen Programm vor. Auch für diese außerunterrichtliche Veranstaltung gilt das Prinzip der Freiwilligkeit für die Schülerinnen und Schüler.
Jedoch haben wir schon mehrfach feststellen müssen, dass diese Besuche in der Kaserne als eine Art Klassenausflug durchgeführt werden, ohne Vor- und Nachbereitung, und von Freiwilligkeit kann keine Rede sein.
Stand Februar 2020
Materialien
Antrag für eine Nicht-Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und Power-Pointe-Präsentation zur Begründung
Orientierungshilfe für Lehrkräfte
Anträge aus NRW und Offenbach: Käthe-Kollwitz-Schule gegen Bundeswehr
Militärfreie Schulen, wie erreichen?
Antrag für ein Schul-Gremium auf Nicht-Zusammenarbeit mit der Bundeswehr, eine Power-Point-Präsentation zur Begründung des Antrags, der zugehörige Vortrags-Text, erfolgreich erprobt in Berlin, zur Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten und zur Weiterentwicklung sind bei unseren Partnern zu finden.